Menschenrechte im digitalen Zeitalter

Die Europäische Piratenpartei steht für den Schutz der Grundrechte sowohl in der physischen als auch in der digitalen Welt. Wir sind gegen Maßnahmen, die darauf abzielen, die persönlichen Freiheiten des Einzelnen zu untergraben.

Der Schutz der Grundfreiheiten hat in der Rechtsordnung der Union schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Zwar wurden erhebliche Fortschritte bei der Ausweitung der Freiheiten der Unionsbürger erzielt, doch der Schutz der Grundrechte in der digitalen Welt muss weiter geprüft werden.

Das Recht auf Internetzugang

Die Achtung der Grund- und Freiheitsrechte sollte natürlich auch in der digitalen Welt gelten. Der Internetzugang ermöglicht uns die Teilhabe an einer zunehmend digital geprägten Gesellschaft. Während der Internetzugang in der Europäischen Union rasch zum Standard geworden ist, können viele noch immer nicht von seinem Potenzial profitieren.

Wir sind der Meinung, dass das Recht auf Internetzugang in der gesamten EU in Bezug auf Abdeckung und Qualität effektiv gewährleistet sein sollte. Der digitale Wandel und Fortschritt sollte niemanden zurücklassen. Jeder sollte Zugang zu einem erschwinglichen Hochgeschwindigkeitsinternet zu günstigen Bedingungen haben. Die Qualität des Internetzugangs sollte nach heutigen Maßstäben ausreichend sein, um eine ausreichende Teilhabe am digitalen Geschehen zu ermöglichen.

Der Zugang sollte ohne unzumutbare Schwierigkeiten, Belastungen oder Kosten möglich sein.

Das Recht auf Privatsphäre

Jeder sollte das Recht auf Privatsphäre haben, was das Recht des Einzelnen einschließt, seine persönlichen Daten zu kontrollieren und frei von allgegenwärtiger Überwachung zu sein. Als grundlegendes Menschenrecht ist die Achtung der Privatsphäre unerlässlich, um die Interessen des Einzelnen zu schützen und Missbrauch zu verhindern. Die Privatsphäre umfasst das Recht auf Diskretion und das Recht, online und offline anonym zu bleiben. Anonymität entbindet niemanden von der Verantwortung für sein Handeln.

Menschen, die sich ständig beobachtet und überwacht fühlen, können ihre Rechte nicht frei und wirksam wahrnehmen und sich gegen Missbräuche wehren. Überwachung, Misstrauen und Angst laufen Gefahr, unsere Gesellschaft in eine Gemeinschaft zu verwandeln, die anfällig für die Aushöhlung von Rechten ist. Wir Piraten wollen nicht in einer solchen Gesellschaft leben. Wir glauben an die Rechenschaftspflicht bei der Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten und setzen uns für solide Datenschutzgesetze ein, die dem Einzelnen die Kontrolle über seine persönlichen Daten geben.

Um unsere Rechte und Freiheiten zu wahren und die Effektivität der Strafverfolgung zu gewährleisten, fordern die Piraten, dass die Speicherung personenbezogener Daten auf Personen beschränkt wird, die im Verdacht stehen, eine Straftat zu begehen oder vorzubereiten (gezielte Ermittlungen). Die Piraten wollen die Praxis der routinemäßigen, automatisierten und nicht zielgerichteten Datenverarbeitung abschaffen. Wir setzen uns für ein Moratorium für neue Gesetze zur Massenüberwachung oder systematischen Datenerfassung der Bevölkerung ein, sei es über unsere Kommunikation, Bewegung, Internetnutzung, biometrische oder andere Daten.

Insbesondere verteidigen wir das Recht auf den Schutz digitaler Daten gegen Maßnahmen, die private Chats, Nachrichten, E-Mails oder Fotos generell und wahllos automatisch nach verdächtigen Inhalten durchsuchen (Chat Control). Wir verteidigen das Recht auf anonyme Kommunikation gegen verpflichtende Altersüberprüfungen. Öffentlich zugängliche Räume sollten frei von biometrischer Massenüberwachung sein, einschließlich biometrischer Identifizierung und automatisierter Verhaltensüberwachung. Die Piraten wenden sich gegen die automatisierte Profilerstellung von Menschen, um sie in Risikokategorien einzuteilen. Wir lehnen die pauschale und wahllose Sammlung von Verkehrsdaten (Vorratsdatenspeicherung) ab. Jeder Mensch sollte das Recht haben, das Internet zu nutzen, ohne allgegenwärtig verfolgt zu werden.

Die Piraten lehnen den Austausch personenbezogener Daten mit Ländern ab, die keine wirksamen Garantien bieten. Solche Übermittlungen können nur unter außergewöhnlichen Umständen erlaubt werden, wenn es sich um einen Notfall handelt und angemessene Garantien und Einschränkungen gelten.

Ein angemessener Schutz vor Kriminalität ist eine wichtige Aufgabe des Staates. Wir müssen sicherstellen, dass diese Verantwortung durch eine intelligente, rationale und evidenzbasierte Sicherheitspolitik erfüllt wird. Wir wollen daher, dass die Europäische Grundrechteagentur alle aktuellen und zukünftigen Überwachungsbefugnisse und -programme systematisch auf ihre Wirksamkeit, Kosten, Nebenwirkungen, Alternativen und ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten hin untersucht.

Die Piraten unterstützen die Finanzierung von Forschung durch die EU. Die häufige Finanzierung von Überwachungs- und Kontrolltechnologien (wie iBorderCtrl) zeigt jedoch die klare Absicht, solche Technologien zum Abbau von Bürgerrechten einzusetzen. Wir plädieren daher dafür, dass die EU keine Technologien finanziert, die in die Grundrechte eingreifen, dass menschenrechtsverteidigende Organisationen und NROs an der Ausarbeitung von Ausschreibungen und der Auswahl von Antragstellern beteiligt werden und dass alle öffentlich finanzierten Projektergebnisse vollständig offengelegt werden.

Jeder sollte das Recht auf Zugang zu wichtigen öffentlichen Dienstleistungen in der EU haben. Der EU-Vorschlag zur digitalen Identität bietet ein Tor für den einfachen Zugang zu Dienstleistungen und Behörden mit einem einzigen digitalen Ausweis. Ein solches System sollte die unabhängige Verarbeitung personenbezogener Daten gewährleisten und sicherstellen, dass strenge technische Maßnahmen ergriffen werden, um Manipulationen und Missbrauch durch Staaten oder Dritte zu verhindern. Ein solches System sollte die persönliche Integrität der Unionsbürger achten.

Freiheit der Meinungsäußerung

Einzelpersonen haben das Recht, sich online zu äußern, ohne Angst vor Zensur oder Vergeltung zu haben. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ohne Einschränkungen in dem Maße zu gewährleisten, wie es die Rechte und Freiheiten anderer nicht beeinträchtigt. Große Online-Plattformen sollten den legitimen Online-Diskurs respektieren und einen offenen Raum für Personen bieten, die sich selbst ausdrücken möchten.

Es ist inzwischen der Fall, dass Staaten die Zensur von Online-Dissens anordnen, um Proteste und Hinweise auf restriktive Politiken zu unterbinden. Der Einsatz solcher Maßnahmen sollte nur unter extremen Umständen zulässig sein, wenn ein besonderes Risiko besteht, die persönliche Integrität anderer Personen zu beeinträchtigen, solange diese Maßnahmen verhältnismäßig und notwendig sind, um legitimen Schaden zu vermeiden, und nicht als Mittel zur Verfolgung einer Regierungspolitik oder zur Beschneidung von Rechten. Online-Plattformen müssen verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, um gegen illegale, online veröffentlichte Inhalte vorzugehen, wobei das gesellschaftliche Interesse und die Rechte anderer gebührend zu berücksichtigen sind.

Wir setzen uns für den Einsatz von Open-Source-Software, dezentralen Plattformen und anderer Software ein, die die Nutzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung erleichtert. Wir unterstützen einen besseren Schutz von Whistleblowern und Gesetze, die die Presse- und Informationsfreiheit schützen.

Persönliche Integrität

Die Interessen des Einzelnen sind vor Eingriffen durch Behörden oder Unternehmen zu schützen. Die persönliche Identität darf nicht als Instrument für politische oder wirtschaftliche Propaganda verwendet werden. Diskriminierende Algorithmen und eine unangemessene Weitergabe personenbezogener Daten sind verboten. Personenbezogene Daten dürfen nicht für Profiling-Zwecke verwendet werden, wenn eindeutige Verhaltens- und Personenmerkmale von Personen festgestellt werden können. Öffentliche Stellen dürfen keine personenbezogenen Daten speichern oder anfordern, die nicht unerlässlich oder mit dem beauftragten Zweck unvereinbar sind.
Die Entwicklungen im Bereich der KI in den letzten Jahren haben zu einer zunehmenden Abhängigkeit von dieser Technologie geführt. KI ist zwar ein nützliches Instrument für die Menschheit, sollte aber nicht dazu dienen, die Freiheiten und Privilegien des Einzelnen zu untergraben. Bei der Entwicklung von KI sollten die höchsten ethischen Standards eingehalten und diskriminierende Vorurteile oder Profiling ausgeschlossen werden. Dieser Bereich sollte genau geregelt werden, um sicherzustellen, dass der einzelne EU-Bürger davon profitiert. Künstliche Intelligenz sollte die Fähigkeit, individuelle Entscheidungen zu treffen, nicht einschränken.

Das Recht auf Selbstbestimmung

Wir halten das Recht der Menschen auf eigenverantwortliche Selbstbestimmung und Selbstbestimmung für eine Selbstverständlichkeit. Wir setzen uns für die Nutzung der digitalen Infrastruktur ein, um die Beteiligung der Bürger an Entscheidungsprozessen zu verbessern.

Um die Freiheit der Selbstbestimmung zu gewährleisten, stellen die Staaten sicher, dass der Transparenz und Legitimität des Wahlvorgangs ausreichend Rechnung getragen wird. Das Wahlgeheimnis muss durch geeignete Vorkehrungen sichergestellt werden. Die Beeinflussung des Wahlvorgangs durch ausländische Akteure ist nicht hinnehmbar.