Zivilgesellschaft

Die Zivilgesellschaft ist ein wesentlicher Bestandteil jeder demokratischen Gesellschaft, da sie eine entscheidende Rolle dabei spielt sicherzustellen, dass die Stimmen von Einzelpersonen und Gemeinschaften gehört und im politischen Prozess vertreten werden.

Als Europäische Piratenpartei erkennen wir die Bedeutung der Zivilgesellschaft in der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten an und setzen uns für die Stärkung der Werte ein, die ihr zugrunde liegen. Im Mittelpunkt unseres Auftrags steht das Bekenntnis zu den Grundwerten der Europäischen Union, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind. Wir glauben, dass die Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten wie LGBT+ angehören, nicht verhandelbare Grundsätze sind, die jederzeit aufrechterhalten und verteidigt werden müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir die EU auf, eng mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in ganz Europa und darüber hinaus zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass diese Grundwerte bei allen Aspekten der EU-Politikgestaltung und Entscheidungsfindung respektiert und gefördert werden. Wir sind der Meinung, dass die Zivilgesellschaft bei der Gestaltung der EU-Politik ein gewichtiges Wort mitreden sollte. Die EU sollte aktiv nach den Stimmen von Einzelpersonen und Gemeinschaften suchen, die im politischen Prozess traditionell unterrepräsentiert sind, und ihnen Gehör schenken. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass die EU dafür verantwortlich ist, diese Werte nicht nur innerhalb ihrer eigenen Institutionen und Mitgliedsstaaten zu fördern, sondern auch in ihren Beziehungen zu anderen Ländern und internationalen Organisationen. Wir sind der Meinung, dass die EU mit gutem Beispiel vorangehen sollte, indem sie ihr Engagement für diese Werte in ihrer Außenpolitik demonstriert und sich in Ländern und Regionen, in denen sie bedroht sind, für sie einsetzt.

Bürgerbeteiligung und offene Verwaltung – Demokratie-Add-on für Europa

Die Piraten setzen sich für einen direkt gewählten Bürgerkonvent ein, der mit der Ausarbeitung eines neuen EU-Vertrags beauftragt wird, der die derzeitigen Verträge klärt und ersetzt und den Bedarf an demokratischen Reformen innerhalb der Union aufgreift, vorausgesetzt, er wird von den Bürgern der Union durch ein Referendum angenommen.

Der derzeitige EU-Gesetzgebungsprozess wird von der Exekutive (der Europäischen Kommission) auf Kosten der Legislative (dem Europäischen Parlament) dominiert. Die Piraten wollen das Machtgleichgewicht in den europäischen Institutionen zugunsten der Legislative verändern. Direkte Demokratie auf EU-Ebene, d.h. EU-weite Volksabstimmungen über Verfassungsänderungen und von den Bürgern initiierte Gesetzesreferenden, sollten Teil der neuen Verfassung sein. Die Bürgerinnen und Bürger sollen das Recht haben, sowohl bestehende Gesetze aufzuheben als auch neue Gesetze zu initiieren.

Zusatz zur Staatsbürgerschaft für Europa

Wir, die europäischen Piraten, betrachten uns als europäische Bürger. Allerdings ist die Unionsbürgerschaft derzeit nur eine Idee. Die Piraten wollen diese Idee in die Realität umsetzen. Mit der Unionsbürgerschaft können wir mehr sein als Franzosen, Deutsche und Schweden. Wir können Bürger mit einem Bündel gemeinsamer Rechte in jedem Land der Union sein. Wir werden in der Lage sein, europäische Pässe auszustellen, die es jedem europäischen Bürger ermöglichen, als Teil eines Konzepts anerkannt zu werden, das größer ist als sein eigenes Land und dem Ideal einer grenzenlosen Welt entspricht. Die Piraten wollen Diskussionen eröffnen und Workshops veranstalten, um diese Ziele zu erreichen.

Die Europäische Piratenpartei ist der Meinung, dass jeder in der Europäischen Union das Recht auf eine echte EU-Bürgerschaft haben sollte. Diese Staatsbürgerschaft sollte mit einem EU-Pass und physischen und digitalen Dokumenten einhergehen, die in der gesamten EU als europäische Staatsbürgerschaft anerkannt werden.

Wir glauben, dass eine echte Unionsbürgerschaft unerlässlich ist, um sicherzustellen, dass alle Menschen in der EU unabhängig von ihrem Herkunftsland die gleichen Rechte und Chancen haben. Sie ist auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem geeinteren Europa mit stärkerem Zusammenhalt, in dem sich jeder zugehörig fühlt und ein wertvolles Mitglied der Gemeinschaft ist.

Politische Partizipation innovativ gestalten

Die Piraten wollen, dass die Bürger einen direkteren und bedeutenderen Einfluss auf die politische Debatte und den Entscheidungsprozess haben, sowohl individuell als auch kollektiv.

Das Europäische Parlament sollte ein E-Partizipationsinstrument einrichten. Die Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeit haben, Gesetzesvorschläge öffentlich zu diskutieren, Änderungen vorzuschlagen und vorgeschlagene Änderungen online zu unterstützen (oder dagegen zu stimmen).

Wir wollen die EU-Bürgerinitiative reformieren. Die Datenanforderungen sollen reduziert werden. Die Europäische Kommission soll sich auch mit erfolglosen, aber interessanten Initiativen befassen.

Petenten mit einer großen Zahl von Unterstützern haben das Recht, persönlich angehört zu werden. Das Europäische Parlament sollte seine Türen regelmäßig für die Bürger öffnen, damit sie ihre Vorschläge und Anliegen direkt in einer gemeinsamen Plenarsitzung mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission vorbringen können. Diese Sitzungen sollten auch den Bürgern offen stehen, die über das Internet oder die sozialen Medien aus der Ferne teilnehmen.

Die europäischen Bürgerinnen und Bürger müssen in der Lage sein, die von den verschiedenen europäischen Verwaltungsprozessen zur Verfügung gestellten Informationen zu suchen, zu nutzen und auszutauschen. Auf diese Weise können sie das Leben in unserer europäischen Demokratie verstehen und daran teilhaben. Die sozialen Kosten der Beteiligung müssen so gering wie möglich gehalten werden.

Offene Regierung

Die Europäische Union wird der Open Government Partnership beitreten. Diese multilaterale Initiative zielt darauf ab, eine offene Verwaltung zu fördern, die Bürgerinnen und Bürger zu befähigen, die Korruption zu bekämpfen und neue Technologien zur Stärkung der Governance zu nutzen.

Förderung der Beteiligung der Zivilgesellschaft

Wir sind davon überzeugt, dass die Beteiligung der Zivilgesellschaft entscheidend für eine gesunde und lebendige Demokratie ist. Daher setzen wir uns für die Förderung und Unterstützung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) in der gesamten EU ein. Um dies zu erreichen, schlagen wir vor, die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Beteiligung der Zivilgesellschaft zu sensibilisieren und durch Bildungs- und Informationsprogramme zu einer stärkeren Beteiligung zu ermutigen.

Klare Regulierung von NGOs

Wir schlagen vor, für klare und faire Regelungen für in der EU tätige NGOs einzutreten und dabei den Schwerpunkt auf Transparenz und Rechenschaftspflicht zu legen. Wir schlagen außerdem vor, die Niederlassung und Finanzierung von NGOs in der EU zu erleichtern.

Steuerliche Anreize für Schenkungen

Um mehr Organisationen zu ermutigen, sich für soziale und ökologische Belange zu engagieren, sind wir der Meinung, dass Spenden an Nichtregierungsorganisationen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, in allen EU-Mitgliedstaaten einen besonderen Steuerstatus erhalten sollten.

Effektive Interaktion mit europäischen Institutionen

NGOs benötigen Zugang zu Informationen über anstehende Rechtsvorschriften, um effektiv mit den europäischen Institutionen interagieren zu können. Wir schlagen vor, dass in der EU registrierte NGOs Zugang zum eigentlichen Text und zu zusätzlichen Informationen erhalten, die es ihnen ermöglichen, die Rechtsvorschriften in einen Kontext zu stellen. So wird sichergestellt, dass alle Interessengruppen einen Platz am Tisch haben und Zugang zu den neuesten Entwicklungen erhalten.

Förderung der guten Arbeit von NGOs

Wir werden uns bemühen, die wichtige Arbeit, die NGOs in der gesamten EU bereits leisten, zu fördern und bekannt zu machen. Indem wir ihre Erfolge hervorheben, wollen wir mehr Menschen ermutigen, sich zu engagieren und ihre Bemühungen zu unterstützen. Wir sind uns der wichtigen Rolle bewusst, die die NGOs in Bereichen wie Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte spielen. Daher sind wir entschlossen, ihre Bemühungen zu unterstützen und gemeinsam an einer gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaft zu arbeiten.

Korruptionsbekämpfung und Eindämmung des Unternehmenslobbyismus

Der Einfluss des Geldes auf die Politik ist eines der größten Korruptionsrisiken in der EU und eine Bedrohung für ihr demokratisches Fundament. Politische Entscheidungen werden nicht im besten Interesse aller Bürger getroffen, wenn Unternehmensinteressen dominieren dürfen.

Offenlegung und Eindämmung des externen Einflusses auf politische Entscheidungen

Um den demokratischen Prozess zu schützen und die Entscheidungsfindung transparenter zu machen, fordern die Piraten, den Einfluss von Interessengruppen und Lobbyisten auf politische Entscheidungen offen zu legen. Lobbying-Aktivitäten sollen so transparent wie möglich sein. Dies kann dadurch erreicht werden, dass das bestehende Lobbyregister verpflichtend und mit einem offenen Kalender im Internet verknüpft wird. Jeder EU-Bürger sollte die Möglichkeit haben nachzuschauen, mit wem sich der gewählte Vertreter getroffen hat, was der Zweck des Treffens war und was dort passiert ist. Der Prozess soll auf einem mehrstufigen Kontrollsystem beruhen, das für eine verlässliche Demokratie notwendig ist. Darüber hinaus soll ein legislativer Fußabdruck veröffentlicht werden. Jeder, der an der Politikgestaltung beteiligt ist, muss seine Treffen mit Lobbyisten und die schriftlichen Beiträge, die er erhält, offenlegen. Alle Gesetzesentwürfe und Änderungsanträge müssen bis zu ihrem ursprünglichen Verfasser zurückverfolgt werden können.

Es werden durchsetzbare ethische Regeln und ein Aufsichtsmechanismus für Lobbyisten eingeführt. Diese sollen verhindern, dass Lobbyisten unzulässigen Einfluss ausüben.

Verhinderung von Interessenkonflikten

Öffentliche Bedienstete (einschließlich der Sonderberater der Kommission) und gewählte Vertreter (einschließlich der Berichterstatter) dürfen sich bei der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht ungebührlich von privaten Interessen beeinflussen lassen. Interessenkonflikte können durch Nebentätigkeiten und frühere Jobs entstehen, aber auch durch Fälle von Drehtürgeschäften, bei denen Mitglieder des Europäischen Parlaments, Kommissare oder Beamte neue Jobs in der Privatwirtschaft annehmen. Es müssen angemessene Regeln aufgestellt werden, um sicherzustellen, dass die betreffenden Amtsträger keine Interessenkonflikte haben, dass Interessen erklärt werden und dass Fehlverhalten sanktioniert wird. Die Verhaltenskodizes des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission müssen reformiert werden. Für interfraktionelle Gruppen und andere parteiübergreifende Gruppen, an denen Abgeordnete und Lobbyisten beteiligt sind, werden wirksame Transparenz- und Ethikregeln benötigt. Eine unabhängige Stelle sollte die Einhaltung der Regeln überwachen und gegebenenfalls Sanktionen verhängen. Umfassende Regeln zur Begrenzung des Phänomens der „Drehtür“ müssen verabschiedet werden.

Re-Demokratisierung des Input-Prozesses

Geschäftsinteressen dürfen nicht länger das politische Fachwissen dominieren. Die Kommission muss wirksame Schutzmaßnahmen gegen die Vereinnahmung von Experten, Beratergruppen, Technologieplattformen und EU-Agenturen durch Unternehmen einführen. Da eine unverhältnismäßig große Zahl von Treffen mit EU-Beamten dem Großkapital gewidmet ist, sollte die Zahl dieser Treffen reduziert werden. Es sollte mehr Zeit für die aktive Suche nach Beiträgen von Bürgern, KMU und anderen derzeit unterrepräsentierten Interessengruppen aufgewendet werden.

Finanzierung von politischen Kampagnen

Alle europäischen politischen Parteien müssen transparente Bankkonten für Wahlkampfgelder verwenden. Die Behörde, die die europäischen politischen Parteien beaufsichtigt, muss über wirksame Prüfungs- und Sanktionsinstrumente verfügen.

Transparenz und Schutz von Whistleblowern

Transparenz gibt den Ohnmächtigen die Macht, die Mächtigen zu kontrollieren. Die Piraten glauben, dass Transparenz notwendig ist, damit die Öffentlichkeit demokratische Entscheidungen treffen kann.

Schutz von Whistleblowern

Die Piraten setzen sich für eine allgemeine und umfassende Whistleblower-Gesetzgebung ein, um alle Personen zu schützen, die Probleme aufdecken, die im öffentlichen Interesse liegen, einschließlich Rechtsmissbrauch, ungesetzliche Aktivitäten und Missstände. Wir sind der festen Überzeugung, dass Hinweisgeber gleichermaßen die Möglichkeit haben müssen, sich intern, an eine zuständige Behörde oder an die Medien zu wenden, um die Meinungsfreiheit und das Recht der Bürger auf Information zu gewährleisten. Es sollte das Recht auf anonyme Meldung von Hinweisen eingeführt werden.

Transparenz des öffentlichen Sektors

Der öffentliche Sektor, einschließlich privater Stellen, die im Auftrag einer öffentlichen Einrichtung arbeiten, muss transparent sein und Informationen standardmäßig als offene Daten veröffentlichen, ohne Einschränkungen für ihre Weiterverwendung anzuwenden. Die Transparenz der Gesetzgebung muss verbessert werden, insbesondere im Rat und in den Trilogen. Öffentliche Stellen sollten verpflichtet sein, Informationen über Entscheidungsprozesse zu dokumentieren. Behörden und Vertreter sollten verpflichtet sein, Aufzeichnungen zu führen und proaktiv Informationen wie Tagesordnungen, Sitzungsprotokolle, Dokumente von Dritten, wie z. B. Beiträge von Lobbyisten, und Informationen zur Begründung von Entscheidungen zu veröffentlichen.

Der Grundsatz der Transparenz sollte für alle öffentlichen Einrichtungen gelten, einschließlich des Gerichtshofs, der ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten und der rotierenden nationalen Vorsitze des Rates.

Die Piraten sind der Meinung, dass es ein grundlegendes Recht der Bürger ist, alle Verträge oder finanziellen Zuwendungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Projekten und Dienstleistungen des öffentlichen Sektors oder der Regierung zu prüfen, ohne dass es einer besonderen Begründung bedarf.